Frank Stüve - Friends of Friends / Freunde von Freunden (FvF)

Frank Stüve

Advertisement

Wir machen uns auf den Weg nach Charlottenburg. Hier hat sich Frank Stüve sein eigenes stilvolles Domizil geschaffen. Zwischen kleinen Kudamm Hotels liegt sein 5-Zimmerapartment. Minotti Möbel, uralte Schmuckstücke und unzählige Details schaffen vor allem eines: Einen bleibenden Gesamteindruck. Den vermittelt Frank Stüve aber nicht nur mit seinem Interior, sondern besonders mit seiner offenen und unkonventionellen Art. Wenn der gelernte Florist über Kontraste und die Berliner Szene spricht, dann erschafft er ganze Bilder, so wie er es sonst mit Räumen tut. Nichts ist dem Zufall überlassen. Alles ist geplant.
So ist auch sein, zum geschäftigen Kurfürstendamm, ausgerichtetes Schlafzimmer, keine Verlegenheitslösung, sondern ein weiteres wohl geplantes Detail, dass den Berliner-Hinterhof-Langschläfer zu einem Frühaufsteher umgepolt hat.

Wie er seinen Weg in die Hauptstadt gefunden hat und warum er nervös wird, wenn er kein Esszimmer findet, erklärt Frank Stüve in unserem Gespräch.

Wie kann man sich so eine Floristen Ausbildung vorstellen?
Und in wie weit hängt das mit Deiner heutigen Arbeit zusammen?

Nach einem Jahr Theorielehre mit den Grundlagen der Botanik und einer wöchentlichen Praxiseinheit, gehst du zwei Jahre in eine Gärtnerei oder in einen Blumenladen und lernst dort richtig Blumen stecken und binden. Das ist auch die eigentliche Basis für das, was ich heute im Interior-Bereich mache. Darüber hinaus hat alles in dem Beruf mit Haptik zu tun. Es geht überall um die Erzeugung von Kontrasten. Stumpf und glänzend, grob und fein. Das alles lernst du im Rahmen dieser Berufsausbildung und einzelnen Themenfeldern, wie Platons Harmonielehre, wahnsinnig gut. Bei Floristik denkt heute jeder an Eliza Doolittle oder Bahnhofsstände. Ich glaube der Floristenberuf steht heute nicht besonders gut da, aber ich fand die Ausbildung faszinierend. Dadurch, dass ich branchenfremd bin, habe nicht so ein Kastendenken. Ich merke das auch bei den Architekten. Sobald du nicht aus der Materie kommst, bist du viel freier und gehst viel offener mit Materialien um. Man stellt sie wie einen Blumenstrauß zusammen.

Wie hat sich das dann weiter entwickelt?
Ich kam irgendwann an den Punkt, dass ich das Drumherum zur Dekoration auch bestimmen wollte. Und dann habe ich immer nach etwas gesucht, ohne zu wissen wonach. Mir war klar, dass ich kein Innenarchitekt bin und wollte es auch nicht studieren, sondern mir war einfach wichtig, dass man der Dekoration die richtige Umgebung gibt. So kam es, dass ich einem Wiener Konzept Store für Blumen und Pflanzen landete. Das ging dann schon in die richtige Richtung, auch wenn es, um ehrlich zu sein, eher Gartenmöbel waren (lacht).
Dort lernte ich dann auch meine Geschäftspartnerin Gisela von Schenk kennen, die meine Kundin war. Ihr gefiel das Konzept und sie fragte, ob ich mich selbstständig machen wolle. Sie und ihr Mann würden hinter mir stehen. Ich antwortete darauf, grundsätzlich mit einem Ja, allerdings mit der Einschränkung, dass es noch zu früh sei, da ich meine Fehler lieber woanders machen wollte (lacht). Kurz darauf war es dann soweit und es entstand die Villa.

Berlin war dann eigentlich auch eher nur als Laden für Blumendekoration und Wohnaccessoires angedacht. Es kam jedoch dazu, dass wir in der Villa Harteneck, immer häufiger von Kunden gefragt wurden, ob sie auch die Möbel haben könnten und ob wir noch mehr davon hätten. Das Konzept der jetzigen Villa entwickelte sich also erst.

Bist Du selber eigentlich noch leidenschaftlicher Florist?
Ich mache das selber eher selten, aber manchmal wenn mich eine Kundin darum bittet, mache ich es noch selber.

Was hat Dich bewogen von Mitte an den Kudamm zu ziehen?
Die Entfernung. Das war während der Fußballweltmeisterschaft, aufgrund der Fanmeile. Wenn man dann kein Fußballfan ist, dann versteht man so eine Fanmeile auch nicht. Ich bin dadurch fast eine Stunde zur Villa gefahren und das war mir dann irgendwann zuviel. Ich habe zwei Stunden im Auto verbracht und hatte weder das Gefühl in Mitte zuhause zu sein noch hier. Es war irgendwo dazwischen. Daraufhin dachte ich mir, dass es an der Zeit wäre umzuziehen. Ich habe aber gar nicht wirklich gesucht, denn dieses Haus gehörte einem Kunden von uns und der erzählte mir von der Wohnung. Es war vorher ein Büro und keiner konnte sich vorstellen, die Räumlichkeiten als Wohnung zu nutzen.

Was sind so die ersten Schritte und Gedanken, wenn Du eine leere Wohnung betrittst?
Oder anders ausgedrückt, was sind deine Tipps für den Amateur Interior Designer?

Wenn es ein Altbau ist, ist es das Beste die Wohnung in den Originalzustand zurück zu versetzen. Also alles was in den 80ern gemacht wurde muss runter. Ansonsten sollte man die Wohnung einfach beruhigen, so dass man selber für sich eine klare Bühne hat. Ein erster Schritt sollte außerdem ein gutes Farbkonzept sein. Wenn das stimmt und wenn die Bühne stimmt, dann kannst du auch mit allem umziehen was du hast. Aber oft kaufen die Leute dann ein neues Teil und stellen es zu den anderen und dann wirkt das immer so aufgeregt. Ich glaube man müsste eigentlich von langer Hand ein Endkonzept im Kopf haben. Das finde ich ganz wichtig.

Wie lange dauert bei Dir der Prozess bis die Wohnung fertig gedacht ist?
Das geht ganz schnell bei mir. Man macht nichts anderes als Aufräumen. Als wenn man einen Raum sortiert. Mich macht es immer nervös, wenn du zuviel versuchst zu transportieren. Und es macht mich auch nervös, wenn Kunden zuviel erzählen was sie wollen, weil sie mich dadurch in die Betriebsblindheit mit einbeziehen. „Hier haben wir uns ein Marokkozimmer gedacht, weil wir gerne in Marokko sind.“ Es ist aber gar kein Marokkozimmer. Oder: „wir mögen den Landhausstil nicht“ aber dann stehen dort Landhaus Möbel. Es hat ja auch jeder eine andere Definition für Dinge

Also meistens verbunden mit einem direkten Kauf?
Genau, und im Freundeskreis finde ich es ganz angenehm, wenn du nicht gefragt wirst.
Ich habe es auch oft erlebt, dass mich Leute nicht einladen, weil sie glauben, dass ich durch ihre Wohnung laufe und sage „also bei euch sieht es ja aus …“ (lacht)
Ich finde es gerade schön zuhause zu sein. Wir leben hier in Berlin ja alle im Grill Royal und im Borchardt. Ich finde es einfach ganz schön, wenn jemand den Mut hat eine einfache Pasta zu kochen und die Leute zu sich nach Hause einlädt.

Stellst Du in der Berliner Gesellschaft eigentlich ein Konkurrenzdenken fest, bei den Leuten bei denen du eingeladen wirst?
Nein, überhaupt nicht. Berlin lebt ja auch eher von den verschiedenen Typen und wie sie zusammenkommen. Die Gesellschaft ist viel bunter. Ein derartiges Konkurrenzdenken herrscht viel eher in Wien.

Was ist denn der größte Unterschied zwischen den beiden Städten?
Wien und Berlin sind die konträrsten Städte in Europa. In Wien hast du eine alte fundierte Gesellschaft. Die manchmal auch zu alt ist und einen runterzieht. Dort werden 16 jährige Mädchen über den Opernball in die Gesellschaft eingeführt. Wien ist teilweise sehr unbeweglich und konservativ, aber das mag ich auch.
Bist du mit einem Familienteil befreundet, dann bist du mit der ganzen Familie befreundet.

Ist es eigentlich Teil Deines Jobs, dass du zu den Kunden regelmäßigen Kontakt hältst? Vielleicht sogar auf einer privaten Ebene?
Nein, nicht soviel. Ich mische das nicht so gerne. Ich finde das verwässert das Verhältnis. Es kommt manchmal vor, dass nach einem sehr schönen gemeinsamen Projekt, im Anschluss eine Freundschaft hängen bleibt. Aber ich finde es am Anfang wichtig, dass man einfach der gut informierte Dienstleister bleibt. Ich glaube, dass dann auch der gegenseitige Respekt verloren geht. Es ist natürlich so, dass du bei so einem Job in einen sehr intimen Bereich der Menschen vordringst. Du siehst ihre Schlafzimmer. Du siehst einfach alles und das verlangt auch einen entsprechend respektvollen Umgang.

Für mich sieht Deine Wohnung sehr luxuriös aus. Hast Du eine Definition von Luxus?
Für mich ist Luxus Zeit. Du bist ja, wenn du in dieser Branche arbeitest darauf getrimmt, dass Luxus eigentlich Qualität ist. Du kannst dich auch mit Ikea toll einrichten, aber du lernst, dass es besser ist Qualität zu kaufen. Deswegen finde ich auch, dass Luxus nicht unbedingt etwas mit Geld zu tun hast. Das Thema wird in Deutschland immer eng mit Geld in Verbindung gebracht. Ich habe z.B. festgestellt, dass die Darstellung der Schönen und Reichen bei RTL, immer wie eine Parodie wirkt. Du hast das Gefühl, das sind bezahlte Schauspieler. Ob es die wirklich gibt, könnte ich nicht mal sagen. Die laufen mit dem Fellmantel durch Düsseldorf und kaufen Kaviar in Tonnen. Ich habe das Gefühl, das gibt es gar nicht. Für mich ist also Luxus wirklich Zeit zu haben und auch das genießen zu können, was man hat. Mit einem Geschäft am Hals kann man das oft nicht.

Du sagst auch eine luxuriöse oder eine schöne Einrichtung hat nicht unbedingt etwas mit Geld zu tun.
Überhaupt nicht. Ich bin auch mit Freunden bei IKEA gewesen und wir haben für 2000 Euro eine Einrichtung für ein Kinderzimmer gebastelt. Das hat auch richtig Spaß gemacht. Was ich früher nicht wusste ist, dass die bei IKEA nicht beraten dürfen. Ich habe alles zusammengestellt und dann kamen immer andere Leute dazu und fragten, ob ich ihnen auch helfen könnte, wenn ich gerade Zeit hätte. Daraufhin habe ich gesagt: „Ich mache das eigentlich auf einer anderen Ebene, aber ich helfe gerne.“ (lacht)
Das Wichtigste sind einfach die Farben und Proportionen in einem Raum. Wenn das stimmt, dann kannst du die Einrichtung auch mit Kisten bauen.

Erwischt Du dich manchmal selber bei privaten Besuchen, dass Du die Wohnung mit einem geschärften Auge scannst?
Nein, dann bin ich viel geiler aufs Essen und Trinken. Ich werde nur dann nervös, wenn ich kein Esszimmer finde. (lacht)

Ihr habt in der Vergangenheit bereits den Duft “Opium” von Yves Saint Laurent in der Villa Harteneck präsentiert. Gibt es für 2010 schon Events?
Nein, bisher ist nichts geplant. Ich mache gerade eine eigene Kollektion. Also eine Home-Collection von Bettwäsche bis hin zu zwei Sofas. Alle anderen Marken wird es weiter bei uns geben, aber darüber hinaus wird eine Hausmarke erhältlich sein. Je nachdem wie schnell die fertig wird, kommt sie im September raus. Dann wird es natürlich auch einen Launch geben.

Auch im Sommer wird es keine Veranstaltungen geben? Die Villa bietet sich dafür ja förmlich an.
Ja, aber ich habe festgestellt, dass dadurch das eigentlich Konzept verloren geht. Die Leute gehen zu „Dopo Domani“ und erzählen mir danach ganz stolz, dass sie dort waren, weil sie gar nicht wussten, dass wir hier auch Möbel verkaufen (lacht). Denen ist z.B. auch das Stilwerk vom Konzept her vertrauter. Deswegen haben wir die Events zurückgefahren. Früher haben wir die Villa ja auch für Hochzeiten angeboten, aber ich will, dass sie jetzt klarer als Showroom fungiert.

Wer übernimmt bei Euch die Selektion der Marken?
Die Selektion übernehme ich. Bei Firmen wie Minotti ist es allerdings schwierig, weil die wollen, dass du ein Monobrand-Store bist. Sie wollen drei Sofagruppen, drei Tische und zwei Betten bei dir stehen haben. Ich suche die Teile aber lieber selber aus, wie bei einem Blumenstrauß, auch wenn das natürlich mühsamer ist. Mittlerweile haben wir uns aber in Deutschland einen ganz guten Ruf gemacht. Nachdem man uns drei bis vier Jahre dabei beobachtet hat, wie wir mit Möbeln umgehen. Auf der anderen Seite machst du natürlich eigentlich mehr Umsatz, wenn du alle drei Sofagruppen zeigen würdest.

Du bist ja viel unterwegs. Was steht bei dir als nächstes an?
Mailand und jetzt einmal im Jahr Asien und die internationale „Carpet Fair“ in Indien.
Das macht mir eigentlich am meisten Spaß an diesem Beruf. Das Reisen. Das „Dinge finden“.
Wenn du heute auf die Frankfurter oder die Pariser Messe gehst, dann triffst du dort teilweise schon deine Kunden. Die sind manchmal viel besser informiert als wir. Wenn die Interior zum Hobby haben, dann wissen die genau was, wie, wo, los ist.

Du findest ja Reisen spannend was würdest Du machen, wenn du einen kompletten Monat frei hättest?
Dann würde ich nach Bali gehen. Ich bin großer Bali-Fan und wir produzieren auch einzelne Teile unserer Möbel dort. Zum Beispiel Griffe aus versteinertem Holz. So habe ich dort immer etwas zu tun. Andererseits rauche ich dort keine Zigarette und trinke keinen Alkohol. Ich komm wieder und bin einfach ein neuer Mensch.

Nochmal zurück zum Thema Blumen. Gibt es eine Blume, die Berliner oder Deine Kunden besonders gerne kaufen?
Das ist sehr saisonal bedingt. Jetzt sind es natürlich Tulpen, im Sommer sind es Rosen und im Winter Amaryllis. Was sie nicht kaufen sind Exoten. Das war dagegen in Wien der Fall. In Berlin ist es eher erdig, also Produkte, die auch bei dir im Garten stehen könnten. Was mir auch gefällt. Der Wiener will es immer artifiziell. Die kaufen eine Blüte und philosophieren den Rest des Tages darüber. Andersrum werden in Wien aber auch mehr Blumen verschenkt als in Berlin. Da schickt jeder zu einer Einladung die Blumen schon vorab hin und am nächsten Tag gibt es noch mal einen Strauß als Dankeschön. In Berlin werden Blumen dagegen emotional verschenkt. Der Gastgeber bekommt selten etwas.

Gibt es für dich Stilikonen oder zumindest Typen zu denen du aufblickst?
Das sind für mich z.B. Trendforscher. Ich bin ein großer Fan von Li Edelkoort, die auch in Eindhoven an der Design Academy unterrichtet. Ich habe sie kürzlich auf einem Seminar in Zürich gesehen. Sie beschäftigt sich mit Zukunftstrends und man kann jetzt sagen, dass ist dummes Gelaber, aber was sie voraussieht, trifft wirklich ein. Wenn sie sagt: „Gelb ist das neue Pink“ dann ist Gelb das neue Pink. Darüber hinaus leitet sie die Argumentation auch hervorragend her. Sie hat vor vier Jahren gesagt, dass der Bauernhof in die Stadt ziehen würde.
Einen Tisch wie diesen hier, der wie rohe Eiche aussieht, hätte doch jeder vor 4 Jahren verschenkt. Sie hat das schon alles antizipiert.
In Sachen Einrichtung finde ich natürlich Philippe Starck für seine Kreativität toll. Es ist nicht mein Geschmack, aber er hat eine absolute Gabe Humor ins Design zu bringen und Sachen nicht zu ernst zu nehmen. Bei der seriöseren Richtung ist Christian Liaigre echt ein Gott. Er macht, glaube ich, nur vier Projekte pro Jahr, aber die sind immer exakt ins Detail geplant und umgesetzt. Ich liebe Leute, die sehr ins Detail gehen und bei denen es so aussieht, als wäre es schon immer so gewesen und nicht gemacht worden. Das ist die Kunst. Das es nicht so inszeniert aussieht.

Gibt es für dich Menschen von denen du denkst: „Derjenige ist so interessant, ich würde gerne sehen wie er lebt?“
Das interessiert mich komischerweise überhaupt nicht. Ich weiß auch nicht, woran es liegt, aber da bin ich überhaupt nicht neugierig. Das sind dann auch meistens die Leute, die es sowieso veröffentlichen. Menschen die einen guten Geschmack haben, haben auch die Eitelkeit es zu zeigen. Ich finde es auf der Gegenseite wiederum auch mühsam, wenn die Leute dir das ganze Haus zeigen wollen, obwohl du nicht danach gefragt hast. (lacht)

Wer persönlich von Frank beraten werden oder einfach nur das Ambiente der Villa Harteneck genießen möchte, dem empfehlen wir einen persönlichen Besuch in der Douglasstraße 9 oder einen virtuellen Blick auf die Homepage der Villa Harteneck.

Text: Sebastian Trojand, Mirna Funk
Interview: Tim Seifert
Fotos: Ailine Liefeld

Advertisement