Nadine Goepfert hat sich immer für Textilien interessiert. Aus der Faszination ist ein Beruf geworden. Heute entwickelt sie modisch anmutende Kollektionen – tragbare Alltagsstudien irgendwo zwischen Material und Körper. Ein Besuch in ihrem Berliner Atelier.
In der Pfanne brutzelt bereits das Gemüse, Reis und Curry sind auch gleich dampfend heiß. Ein zarter Duft von orientalischen Gewürzen erfüllt den großen hellen Raum mit den meterhohen Wänden, die leichten Klänge von Frank Oceans Song „Ivy” schweben nebenher. Schere und Stoff hat Textildesignerin Nadine Goepfert kurzzeitig gegen Kochlöffel und Töpfe eingetauscht, um in der Gemeinschaftsküche ihres Ateliers das Mittagessen zuzubereiten. „Wir machen das nicht jeden Tag. Aber hin und wieder wird hier gemeinsam gekocht, gegessen, ein bisschen Musik gehört. Das ist eine schöne Unterbrechung der Arbeit“, erzählt sie fröhlich.
„Es geht mir weniger um den ästhetischen und zeitlichen Aspekt der Mode, sondern vielmehr um soziologisch-materiellen Zusammenhänge.”
Gemeinsam mit ihrem Freund, Grafikdesigner Till Wiedeck und Gründer des Studios HelloMe, dessen Team und einigen weiteren kreativen Freelancern hat die 30-Jährige vor einiger Zeit den galerieartigen Workspace am ruhigen Ende der Kurfürstenstraße bezogen. Einst boomte in diesem Schöneberger Multikulti-Kiez vor allem das horizontale Gewerbe. Mittlerweile haben Restaurants, Galerien und Kunstschaffende, Designer und Modeboutiquen in der Gegend ein neues Zuhause gefunden. Für Nadine das perfekte Umfeld! Hier kann sie sich ganz auf ihre textilen Arbeiten konzentrieren.









„Mich interessieren Körpersprache, Gestik und wie Kleidung diese beeinflusst.“
Ihren Designansatz beschreibt Nadine selbst als „konzeptionell”. Aus ihren Kleider-, Rock- und Pulloverentwürfen entstehen zum Großteil Kunstobjekte. Einige davon sind allerdings auch im Alltag tragbar. So hat sie zum Beispiel einen transformativen Mantel erfunden, dessen Muster sich mit jeder Bewegung verändert. „Es geht mir weniger um den ästhetischen und zeitlichen Aspekt der Mode, sondern vielmehr um soziologisch-materiellen Zusammenhänge, die ich zum konzeptionellen Ausgangspunkt meiner Arbeit gemacht habe“, sagt sie. „Generell interessieren mich Gewohnheiten und Alltägliches; Körpersprache, Gestik und wie Kleidung diese beeinflusst.“
Guter Stoff für die Ohren
Was bei Nadine im Studio läuft
„Solange hat ein tolles Gespür für Mode und Kunst. Der Videoclip ist ästhetisch wunderbar inszeniert, insofern ist es eine echte Ehre, dass meine Kleider dabei sind.“
Ihre Werkstücke zeigt sie vorwiegend im Museum, unter anderem schon im Museum of Mataró in Barcelona oder im Liljevalchs Museum in Stockholm – und nicht auf dem Laufsteg. Nadine gestaltet eigentlich Kunstwerke; „Showpieces“, die sogar internationale Stars anlocken. Niemand geringeres als die Sängerin Solange Knowles trug im Musikvideo zu ihrer Single „Cranes in the Sky“ einen kokonartigen Schaumstoffpullover aus ihrer „Garments may vary“-Kollektion. „Als die Anfrage kam, war das natürlich ein besonderer Moment“, sagt die zierliche Designerin mit leuchtenden Augen. „Solange hat ein tolles Gespür für Mode und Kunst. Der Videoclip ist ästhetisch wunderbar inszeniert, insofern ist es eine echte Ehre, dass meine Kleider dabei sind. Mal abgesehen davon, dass ich die Künstlerin auch musikalisch sehr schätze.“










„Musik ist ein Thema, bei dem mein Freund und ich wirklich nie streiten müssen.“
Musik spielt für Nadine ohnehin eine große Rolle. RnB und Hiphop geben dem kreativen Kopf Energie! Gerade, wenn sie in der handwerklichen Schaffensphase angekommen ist, braucht sie – als eigentlich eher ruhige und bedachte Person – ein wenig Beschallung. Erykah Badu? Die Heldin ihrer Jugend. „Alle meine Freundinnen waren damals musikbegeistert. In meiner Heimat Würzburg gibt es einen kleinen Plattenladen, wo wir etliche unserer Nachmittage verbracht haben.“ Mit ihrem Freund Till teilt sie übrigens ihre Leidenschaft für gute Klänge. Er ist nicht nur Art Director, sondern auch DJ – und er lege immer genau die Songs auf, zu denen sie auch gerne tanze. „Musik ist ein Thema, bei dem wir wirklich nie streiten müssen“, sagt sie lachend.
Neben Mixtapes hört man aus Nadines Atelier auch häufig Podcasts schallen. „Gerade letztens gab es ein Interview mit der Chefredakteurin des unabhängigen Modemagazins Vestoj – das läuft dann natürlich nicht nur im Hintergrund mit, sondern nimmt indirekt schon irgendwie Einfluss auf meine Arbeit.“ Gerade tüftelt Nadine an ihrer neuen Kollektion. Wie bei ihr so oft, entstehen dabei nicht „nur“ neue Muster, Strukturen oder stoffliche Lösungen, wie man es von Textildesignern gemeinhin erwartet. „Es wird eine Tischdeckenlinie”, sagt sie. Ein Spiel mit den Konventionen. „Ich hinterfrage die Dinge gerne. Gerade der Tisch ist vollgespickt mit festgefahrenen Ritualen.“
Die bunte Welt von Nadine Goepferts Entwürfen
Ein Spiel mit den Konventionen
Neben der Kreation eigener Kollektionen arbeitet Nadine auch regelmäßig mit namhaften Berliner Modemachern zusammen, etwa Vladimir Karaleev oder Kostas Murkudis. In den letzten Jahren hat sie sich mit ihren freien Projekten in der deutschen Hauptstadt erfolgreich einen Namen gemacht – an denen sie von der Kurfürstenstraße aus tüftelt. Vom Trubel des Hauptraumes abgeschirmt hat sie sich hier liebevoll einen Arbeitsraum kuratiert, der von ihrem gestalterischen Talent erzählt: formschöne Vasen und hübsche kleine Schalen, in denen sich Stecknadeln oder Knöpfe befinden; abstrakte Ausdrucke und kunstvolle Macraméarbeiten an den Wänden, ein weicher Webteppich auf dem Boden. Das kuschelige Schafsfell und ein Potpourri aus diversen Stoff- und Fadenproben auf den Arbeitstischen – Nadines Materialverbundenheit kann man hier spüren.




„Ich glaube, ich brauche beides – mal den Draht zu den anderen, dann wiederum Phasen der Stille.“
Nadines kleines Reich ist übrigens der einzige Ort des Gemeinschaftsstudios, „bei dem man mal eine Tür hinter sich zumachen kann“, sagt lachend. „Ich glaube, ich brauche beides – mal den Draht zu den anderen, dann wiederum Phasen der Stille.“ Vor allem, wenn sie liest. Modetheoretische Studien machen für die sie einen nicht unwichtigen Teil ihrer Arbeit aus. Ihr Atelier ist deshalb auch eine Kombination aus Handwerksraum und Bibliothek. Über die literarische Recherche kommt sie oft auf neue Ideen.



Eigentlich sei es für ihre Arbeit spannend, einmal die Geräusche von Kleidern aufzusaugen, grübelt Nadine jetzt. Schon die Herstellung von Textilien brächte ganz eigene Klänge hervor; vom schnellen Rattern der Nähmaschine über das laute Klappern eines Webstuhls bis zum seichten Klimpern sich berührender Nähnadeln. Doch auch die Materialien selbst erzeugten spannende Töne, einmal einer Bewegung ausgesetzt. „Es ist schon mal vorgekommen, dass ich mir eine Hose nicht gekauft habe, weil ich das Geräusch des Materials beim Laufen nicht mochte“, sagt sie grinsend. Da ist ihr der Klang einer Regenjacke lieber. „Oder der eines Windbreakers. Der rauscht und pfeift so schön, wenn man drüber fährt. Beinahe wie der Wind selbst.“
Seit Jahren dürfen wir in die Wohnungen und hinter die Arbeit von Kreativen weltweit schauen. Bei jedem Besuch entdecken wir etwas anderes, doch was wir überall finden, ist Musik. Die Zusammenarbeit mit unseren Freunden von Sonos ist daher eine besondere: Gemeinsam fragen wir die Menschen in unserem Umfeld nach der Rolle, die Musik in ihrem Leben spielt, womit sie aufgewachsen sind und was sie am liebsten hören.
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