Just - Friends of Friends / Freunde von Freunden (FvF)

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Das etwas rauere, urbane Leben pulsiert rund um das Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg. Bemalte Straßenzüge und U-Bahnen zählen hier seit Jahrzehnten zum Normalzustand und hier auch zu JUSTs Wohnbezirk. Der Wahlberliner gehört zur Grafitti- und Streetart-Bewegung und fotografiert und dokumentiert seit nun zehn Jahren. Selbst ein Teil der Szene und leidenschaftlicher Sprüher, kennt er die Hausdächer dieser Stadt. Seine Protagonisten sind seine Freunde, dadurch wirken seine Fotografien authentisch und intim. JUST berichtet über sein aktuelles Projekt Turmkunst 2010, wie er von Grafitti zu Streetart kam und wo er seltener angemotzt wird, wenn er bei Rot über die Straße läuft.

Wo bist Du aufgewachsen und was hat Dich nach Berlin verschlagen?
Geboren und aufgewachsen bin ich im Ruhrgebiet. Ich habe mal hier, mal da in Europa gelebt und gearbeitet und bin dann vor knapp acht Jahren über eine Freundin in Berlin gelandet.

Wann hattest Du das erste Mal eine Fotokamera in der Hand?
Meine erste Motivation zum Fotografieren war das Knipsen unserer Graffitis, welche wegen der Witterung und Buff immer dokumentiert werden mussten. Damals hatte ich noch eine digitale Kompaktkamera mit riesigen Batterien, die ständig leer waren. Meine erste Spiegelreflex bekam ich dann Mitte der 90er von den Eltern einer Freundin geschenkt: eine Porst-Reflex, dazu jede Menge Objektive. Ja, das war mein Start in die Fotografie und losgelassen hat es mich seitdem nicht mehr.

Was bedeutet für Dich die Faszination Streetart?
Ich bin über Graffiti zu Streetart gekommen, auch wenn das damals noch nicht so hieß. Was mich daran fasziniert, ist dass Streetart, entgegen dem Graffiti, einen viel breiteren Horizont an Möglichkeiten bietet sich auf der Strasse auszudrücken. Das Arbeiten auf der Strasse ist jetzt nicht mehr nur der kleinen Graffiti-Szene vorbehalten. Die Streetart-Szene ist offen für alle geworden.
Das Arbeiten in der Stadt, also dem öffentlichem Raum, ist wichtig. Zudem haben alle einen Zugang und nicht nur ein kleiner Kreis, wie es, meiner Ansicht nach, bei Galerien der Fall ist.

Deine bisherigen Fotostrecken sind eher dokumentarisch auf Streetart fokussiert, was dürfen wir in Zukunft erwarten?
Erstmal würde ich gerne meine bisherigen Fotos in einen “angemessenen” Rahmen stecken, um dieser Phase einen schönen Abschluss zu geben. Ende letzten Jahres gab es eine Ausstellung meiner Bilder in der ATM-Galerie in der Brunnenstrasse. Das war toll. Jetzt gibt es immer konkretere Pläne, zum Beispiel die Fotos auch nochmal in Buchform zu drucken. Was danach kommt, kann ich noch nicht sagen. Ich dokumentiere immer noch meine Freunde um mich herum, merke aber auch, dass es mich langsam zu anderen Dingen zieht. Nebenher verdiene ich ja auch mein Geld unter meinem richtigen Namen durch Pressefotos und Reportagen.

Wie hast Du Dich, Deiner Meinung nach, als Fotograf in den letzten fünf Jahren weiterentwickelt?
Ich habe die Grundlagen der Fotografie auf einem College in Schottland gelernt. Das meiste habe ich mir jedoch selbst beigebracht. Lernen tue ich bis heute eigentlich immer dazu.

Streetart lässt schon langsam wieder nach – was steht als Nächstes an?
Ja schade, dass der “große Hype” vorbei ist. Aber viele der damaligen Künstler sind heute immernoch aktiv und alle machen auch noch was auf den Straßen. Zumindest wenn gerade wieder eine Ausstellung stattfindet und das Erfolgs-Label Streetart nochmal kurz für die Presse bekräftigt werden muss. Aber ein Ende von Streetart sehe ich eigentlich nicht. Arbeiten im öffentlichen Raum gab es auch schon vor 20 Jahren und wird es immer geben. Klar verändert sich es immer mehr und wird vielleicht noch ein bisschen radikaler.

Beschreibe uns kurz den Alltag nahe des Kottbusser Tors.
Abgesehen davon, dass hier 24 Stunden am Tag etwas los ist und ich auch nachts noch etwas Gutes zu Essen finde, werde ich hier seltener angemotzt, wenn ich bei rot über die Straße laufe.

Welche Städte faszinieren Dich neben Berlin?
Ungeordnete Städte. Städte, in denen noch Leben und Geschichte zu spüren ist und nicht alles sauber und geradlinig ist.

Du dokumentierst das Projekt Turmkunst 2010. Erzähl uns kurz, um was es geht und wer alles dabei ist.
Es geht um den “Bierpinsel”, ein Gebäude in Berlin-Steglitz, welches eigentlich ein Raumschiff ist und jetzt wieder in Betrieb genommen werden soll. Dafür soll es von vier Künstlern bunt angemalt werden, damit es auch schick aussieht, wenn es abhebt. Im Innern bietet es Gastro-Flächen und Ausstellungsräume, die mit Kunst und Besucher voll sind, damit wir dem Weltall auch was mitbringen können.
Die Künstler, die den “Bierpinsel” von Aussen bemalen, sind Fyling-Fortress aus Hamburg, Honet, Paris, KRINK, New-York, SozyOne und Alicante.
Im Inneren stellen noch NILS KASISKE, FORM 76, KERAMIK, MR. NONSKI, DAVE DECAT, STEFAN STRUMBEL, DAVE THE CHIMP, POCH und STAK aus. Kuratiert wird das Ganze von der Vicious-Gallery aus Hamburg. Das Projekt ist ein grosses, historisches Ereignis mit spannender Besetzung, das am 1. April mit dem ersten Pinselstrich von Fortress eröffnet wird.

Welche Rolle spielst Du und auf welchen Künstler freust Du Dich besonders?
Ich dokumentiere das Projekt. Die Fotos erscheinen in einem Buch, das vom Jaron-Verlag veröffentlicht wird.

Wird Steglitz das neue Kreuzberg?
Angst hätte ich, wenn Kreuzberg irgendwann das neue Steglitz wird.

Das wollen wir ehrlich gesagt auch nicht, dennoch wünschen wir dem Projekt Turmkunst 2010 viel Erfolg. Am 1. April wird der erste Pinselstrich für das Projekt gesetzt, die Eröffnung ist dann am 15. Mai. Wenn ihr mehr über die Kunst von JUST, seine Fotografie und Projekte erfahren möchtet, dann schaut auf seiner Website nach oder guckt Euch den Trailer zu dem aktuellen Projekt Turmkunst 2010 an.

Interview: Tim Seifert
Text: Pelén Boramir
Fotografie: Ailine Liefeld

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