Frank Höhne - Friends of Friends / Freunde von Freunden (FvF)

Frank Höhne

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Frank Höhne lebt glücklich mit Frau und Kind in einer gemütlichen Kreuzberger Altbauwohnung, die ihm derzeit auch als Arbeitsplatz dient.
Der Weg nach Berlin-Kreuzberg und das junge Vaterglück war von vielen verschiedenen Wohn- und Lebenssituationen geprägt: Geboren ist Frank Höhne im ehemaligen Ost-Berlin. Seine Kindheit verbrachte er, nach der Flucht aus der DDR über Prag und Köln, in Wesel am Niederrhein. 2006 kam er dann über sein Studium zurück nach Berlin und wohnte in unterschiedlichen Wohnungen im Prenzlauer Berg, bis es ihn in die Nähe der Yorckstraße verschlug, wo er heute noch immer lebt.Obwohl der Milchschäumer streikt, gibt Frank Höhne in der heimischen Küche sein Bestes und serviert uns einen nahezu perfekten Latte Macchiato. Dazu reicht er Schokoladen- und Eierlikörtorte von Mr. Minsch. Er versteht es, teilweise ungewollt, seine Gäste zu unterhalten und zum Lachen zu bringen.
Ein Humor, der auch fester Bestandteil seiner täglichen Arbeit als Illustrator ist. Er nimmt sich und seinen Beruf nicht zu ernst und besitzt ein gesundes, ehrliches Bild von dem, was er täglich vollbringt. Selbstüberschätzung ist ihm fremd.
Sein Zeichen- und Interpretationsstil ist auf eine besondere Weise eigenwillig und unvergleichbar, manchmal fast kindisch naiv. Eine seiner beeindruckendsten Illustrationen und zugleich auch seine Diplomarbeit für die Kunsthochschule Weißensee hat den Titel “Willße mippm Rauchen aufhörn – ein Buch für Nachahmer“.
Seine Arbeiten wurden schon in Magazinen wie der NEON, dem Vice Magazine, fluter oder auch der Bild am Sonntag gezeigt. Er verewigte sich auf Flyern und Plattencovern, war bei der Illustrative vertreten und stellte genau an diesem Tag eine Illustration für den Nike Showroom in Berlin fertig.Warum Schwachsinn manchmal geil, Ed Templeton eines seiner Vorbilder ist und er den Charme des Unprofessionellen so schätzt, erzählt er uns im Interview. Ein Gespräch, das abwechslungsreicher hätte nicht sein können: Vom Gitarren- und Klavierspiel, über seine Kindheit in Wesel, die Liebe zum Skaten, seine Illustrationen, Kaffeekultur bis hin zu jeder Menge konstruktiven Irrsinn. Frank Höhne ist in vielerlei Hinsicht ein Unikat.

Wann hast Du das erste Mal bewusst etwas gestaltet oder gezeichnet?
Es war nie so, dass ich übermäßig viel gezeichnet habe. Allerdings hatte ich schon immer Interesse daran. Damals bin ich mit Freunden viel geskatet und in Wesel, einer Stadt mit 60 Tausend Einwohnern, war ich durchs Skaten in Kontakt mit allen dort ansässigen Szenen. Ob Punks, Raver, Hip Hopper oder was weiß ich welche Subkultur, man stand automatisch in ständigem Austausch. In Berlin ist das so nicht der Fall, glaube ich. Zumindest wenn man noch jung ist. Hier in Berlin würde man dann sagen “Ach kuck ma die scheiss Raver oder Popper, die können ja nix aufm Brett”. In Wesel ging es eher in die Richtung “Cool, kuck ma, der Raver kann auch nen Kickflip, peace, bro”. Auf den schnöden Straßen in Wesel wurde dann fast täglich geskatet. Dabei muss betont werden, dass wir das beste daraus gemacht haben, weil Wesel skatespot-technisch viel Platz zum Träumen gelassen hat. Überall diese bekackten roten Fahrradwege und was Spots aus 411-Skatevideos ansatzweise ähnelte, war dann aus Kopfsteinpflaster. Dieser Umstand, das Gefühl der Arschkarte, hat uns kreativ werden lassen. Mach halt das beste aus diesem Bordstein. Kickflip hoch, kickflip runter, 24/7. Wir waren immer gelangweilt. Von der Stadt und deren Möglichkeiten, da wollten wir wenigstens unsere Möglichkeiten grösser fassen in kreativem Output und man hat allen Quatsch ausprobiert. Unter anderem halt Kunstaktionen. Die wollt Ihr aber nicht sehen.

Und diese ersten Versuche der Gestaltung im Skate- und Alltagsbereich wolltest Du dann weiterentwickeln?
Ja, so in etwa. In der Schule wurde mir immer attestiert, dass ich besonderes Talent zum Zeichnen habe, aber ich wusste nie, was ich damit anfangen oder machen sollte. Ich hab dann auf Anraten meiner lieben Frau Mama eine Fachhochschule für Gestaltung besucht. Danach war für mich klar, dass ich danach auch irgendwas mit Gestaltung studieren will. Visuelle Kommunikation hat mich am meisten interessiert, da ich in der Wissenschaft beispielweise komplett fehl am Platz gewesen wäre. Im Endeffekt habe ich dann in Essen Visuelle Kommunikation studiert und bin aus Neugier und um neue Herausforderungen zu suchen, irgendwann 2006 nach Berlin gewechselt.

Hast Du damals schon daran gedacht, mit Illustration Geld zu verdienen?
Eigentlich habe ich nie darüber nachgedacht, bzw. hat es mich in der Zeit noch gar nicht interessiert. Ich hab das nicht ernst genommen. Damals dachte ich: “Ich werd irgendwann Designer und lande in irgendeiner Klitsche und mach Flyer für Abipartys”. Ich habe alle möglichen Kurse besucht, aber Typographie und das ganze Zeug konnte ich alles nicht und die Zeichnerei war das, was mich angefixt hat. Heute wo ich damit Geld verdiene, denke ich immer an eine Talkshow und ich als Hartz IV Punk auf der Couch, nur dass ich nicht vom Amt, sondern von Verlagen getragen werde. Ich meine, ich sitze zu Hause und hab Zeit für mein Hobby, für meine Familie. Ich kann mir meine Tage zeitlich gestalten wie ich will und dank der Elternzeit meiner Frau auch einfach mal ein paar Wochen mit unserer Tochter im Ausland verbringen. Ich kann von überall aus arbeiten. Mutter-Vater-Kind und Freiheit, ich liebe mein Leben.

Wann hat sich dein eigener Zeichen- und Illustrationsstil entwickelt?
Ach naja, weiß ich nicht. Stil klingt immer so überheblich. Ich könnte jetzt so tun, als wäre ich ein absolut tiefgehender Gestalter. Bin ich aber nicht und ich hab für meinen Stil auch keine Beschreibung. Neulich meinte mal jemand, meine Illustrationen seien total “laut” und würden praktisch “schreien”. Kapier ich nicht, bzw. kann ich mit so viel Tiefgang wenig anfangen. Ich mach an sich einfach das, worauf ich Bock habe und freu mich immer, wenn das Leuten gefällt. Du kannst es Leuten recht machen oder dir selber und ich mach es mir selbst recht und habe das Glück, dass es ein paar Leuten gefällt. Als ich die ersten Illu-Jobs hatte, musste ich mich auch erstmal zurechtfinden. Diese Redwendungen und Beschreibungen von Bildredakteuren und Art-Direktoren haben mich anfangs total genervt, weil ich praktisch deren verlängerter Arm war. Die das Gehirn, und ich hänge da taub mit Stift an deren Körper und warte, dass die irgendwelche Nervenbahnen aktivieren. Ich sollte nur ausführen, was die sich vorstellen. Das war bei diversen Jobs zu Beginn so und da muss man sicher auch durch.
Mittlerweile hab ich ein paar mehr Freiheiten. Gott sei Dank.

Kannst Du Dich noch an deine erste Auftragsarbeit erinnern?
Ja, die hab ich damals für das Vice Magazine gemacht. In meiner Laufbahn habe ich mir bisher lustigerweise immer so einige Etappenziele gesetzt. Auch im Leben. Eins davon war eine Illustration für die Vice. Damals dachte ich “Boah, die Vice is geil und es gibt geile 50 Euro!”. Andreas Richter von der Vice ist mittlerweile ein guter Freund von mir, auch wenn ich keine Ahnung hab, was er gerade macht. Freundschaft definiert sich ja heute sowieso eher über ein gut gesetztes “gefällt mir” statt über anfassen. Aber trotzdem, auf Andi lass ich nichts kommen. Der ist ein Guter.

Hast Du eine eigene Lieblingsarbeit?
Ich tue mich ziemlich schwer über meine eigene Arbeit zu reden. Zu Beginn gab es ein paar Arbeiten, die mir echt viel Spaß gemacht haben. Beispielsweise diese Watergate-Geschichten, die ich gemacht habe, kamen damals sehr gut an. Daraus ist dann später eine Serie geworden. Die damaligen Arbeiten sind vom Stil her noch anders, als das, was ich heute fabriziere. Mein Diplom-Buch war sicherlich eines der Projekte, für die ich mich überhaupt nicht schäme…

..namens “Willße mippm Rauchen aufhörn”.
Genau. Allgemein ist es halt so, dass mich mein Leben interessiert und die Dinge, die da passieren. Das ist vielleicht auch meine Inspiration, wenn man das so sagen kann. Klingt narzisstischer, als es ist: Es geht darum, was Du machst und ob du mit dem zufrieden bist, was Du machst. Ich könnte jetzt erzählen “Spiekermann ist meine Inspiration”, aber das endet dann oft in einer schlechten Form von Kopie. Also ich sag den Namen jetzt nur, weil es doch Erik Spiekermann gibt. Grafik-Designer ist der, oder? Egal, ich find’s eher inspirierend, wenn ich blutigen Durchfall habe und deshalb eine Darmspiegelung bekomme. Das sind Momente, die berühren mich, da bin ich auf dem Boden meines Mensch-Seins. Eine Darmspiegelung ist für mich achtmal mehr Input als ein Museum für angewandtes Irgendwas.
Dinge, die mir passieren und mich zum Menschen machen sind meine Inspiration und ich hab auch kein Problem, dass den Personen so mitzuteilen. Auch Peter Hahne juckt manchmal der Po, weil er nicht richtig abgewischt hat und er würde das den Leuten vielleicht auch gerne mitteilen, darf es aber im Fernsehen nicht sagen. Als Illustrator hingegen habe ich mir die Freiheit vorbehalten, solche Dinge in meinen Illustrationen zu verarbeiten. Mit Ehrlichkeit fährt man oftmals ganz gut.

Wie läuft bei dir die Arbeit an einem Bild ab?
Ich hab nur selten Bock sehr lange an einer Arbeit zu sitzen. Ich arbeite generell sehr schnell, intuitiv und spontan. Natürlich übermalt man im Prozess dann vieles und macht seine Korrekturen, aber ich mach immer erstmal. Ich mal erstmal nen Strich, dann nen Pfeil und dann wird da irgendwie ein Bild draus.

Sind deine Formulierungen manchmal zu direkt?
Bestimmt, aber oft ist es halt wirklich so und diese Dinge passieren mir. Ich mache mein Ding, teilweise illustratorisch, aber ich mache auch Musik und häkele hin und wieder. Das mag zwar scheiße aussehen, ist aber meine Sicht der Dinge und die Umsetzung mein In-Dieser-Welt-Seins. Wie ich vorhins schon meinte, Du lebst halt in dieser Welt dein vermeintlich einziges Leben, also guck es Dir an und probier es aus. Solange du niemanden vermöbelst oder zerstückelst machst du alles richtig. Da bin ich Christ.

Hattest Du nach dem Diplom wirklich aufgehört zu rauchen?
Rauchen ist bei mir eine reine Kopfsache. Ich rauche eigentlich sehr gerne oder rauchte gerne. Ich hab ein halbes Jahr aufgehört zu rauchen, wieder kurzzeitig angefangen, dann kam meine Tochter Matilda. Dann habe ich wieder aufgehört. Momentan nutze ich hin und wieder Kautabak. Das Problem bei mir ist, dass ich wie man so schön sagt ein Suchtmensch bin. Was ich mag, mach ich maßlos. Ganz mein Papa.

Wie kommst Du zu dem Spitznamen “Hucky”?
Haha, ihr seid die einzigen, die mich “Hucky” nennen. Das war der Soundmischer von der Countryband meines Vaters. Heribert hieß der und “Hucky” war sein Spitzname. Ich find den Namen “Hucky” Hoehne geil und ich würde mein Kind auch gerne so nennen, für ein Mädchen allerdings eher schwierig.

Was war für deinen Werdegang wichtiger: Sternburger Pils oder Skaten?
Das geht ja Hand in Hand. Sterni natürlich extrem wichtig, immer. Skaten ist auch superwichtig, würde ich sagen – war es zumindest für mich. In keiner Jugendkultur baut man sich so schnell einen so facettenreichn Freundeskreis auf und kommt gleichzeitig eine Menge rum. Ich weiß noch damals haben wir unsere Bretter eingepackt und sind für 15 DM mit der Bahn durchs gesamte Ruhrgebiet gefahren. Neue Spots, neue Leute, Contests. Das war ein tolles Lebensgefühl. Auch wenn die “Weseler” nie ernst genommen wurden, weil wir irgendwie wie ne Horde Vollidioten wirkten, das war uns aber auch sehr wichtig. Hauptsache Schwachsinn und nach vorn. Wir waren keine besonders guten Skater, sahen auch nie gut aus. Aber wir waren immer Beifall. Egal was passierte. Wir waren uns für nix zu schade. Schöne Zeit war das. Irgendwann hab ich mitgekriegt, dass Wesel jetzt auch einen Kampfnamen hat: “WFA – Wesel fickt alle”, das is doch ma ne Ansage. Ein Skater in Wesel sein war wirklich spitzenmässig, Nachteil nur, dass ich mich heute kaum mehr bewegen kann und eine total verkürzte Muskulatur in den Beinen und sowieso überall habe.

Gibt es für Dich eine Trennbarkeit zwischen Kunst und Illustration?
Das, was ich hier täglich vollbringe, ist meiner Meinung nach keine Kunst. Meine Erwartungen an einen Künstler sind einfach höher. Ich hab meine Theoriearbeit an der Uni zu folgendem Thema geschrieben: Kann man sich als Illustrator gleichzeitig als Künstler verstehen? Spannendes Thema. Ich hab in meiner Arbeit rausgefunden, dass sich, frei nach Beuys, jeder Künstler nennen darf. In Berlin trifft man ja an jeder Ecke auf Künstler, das geht mir manchmal tierisch auf den Sack. Für mich gehört da mehr dazu, vor allem mehr Hintergrundwissen, Geschichte und Theorie. Natürlich bleibt jedes Bild Interpretationssache und kann unbewusst genial sein. Meine Arbeit ist für mich aber doch mehr eine Dienstleistung.
Ich fänds überheblich mich Künstler zu nennen. Aber das muss jeder für sich entscheiden, es ist bestimmt nicht einfach, das in allen Bereichen voneinander zu trennen.

Haben deine Wortinterpretationen einen tieferen Hintergrund?
Ich finde die deutsche Sprache einfach genial, nicht zuletzt wegen ihrer Wandlungsfähigkeit. Man kann viel damit machen und ich steh sehr auf Dialekte. Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen und finde den Ruhrpott-Slang wunderbar, genauso wie berlinern. Ich kann leider beides nicht so richtig. Wortspiele sind albern, machen Spaß und zeigen den Leuten auf humorvolle Weise “Die Welt ist doch gar nicht so scheiße, wie ihr immer sagt”. Es ist einfach eine große Spielerei, die die Leute aufwecken und zum Nachdenken anregen soll.

Deine Helden der Jugend?
Ren und Stimpy, Ed Templeton, Geoff Rowley und Eric Koston. Halt die ganzen Skater von damals. Auch super ist Dave Carnie. Ein Typ vom BigBrother Skateboard Magazine, so witzig. Der hat so ziemlich alles verkörpert, was ich damals auch gern gewesen wär. Der sah so massiv aus.

Was sind deine aktuellen Pläne?
Ich hab mir gerade ein Klavier gekauft und das will ich jetzt erstmal lernen. Klavierspielen. Illustration ist mittlerweile so sehr Job für mich geworden und die Musik ist eine tolle Ablenkung. Gerade weil meine Musik kein Schwein interessiert. Ich will auch demnächst eigene Musikvideos von meiner Scheißmusik machen. Solche unkonventionelle Projekte und Ideen reizen mich schon immer, wie ein Feuer, das in mir lodert. Das klingt jetzt wie eine Hartmut Engler Textzeile. Nebenbei hab ich wieder angefangen zu häkeln und zu stricken. Das hab ich als Kind immer mit meiner Oma gemacht. Ostdeutsch erzogen. Da gab es kein Sega-Gamegear für 400 Mark, sondern alte Wolle und eine Häkelnadel für 2,50. Pläne, die ich habe, sind Sachen und Tätigkeiten, die vielleicht keiner von mir erwartet, die mir aber persönlich unheimlich viel Spaß machen.

Zusammengefasst?
Also, was ansteht ist: Ich werd jetzt richtig beschissene Musik machen und noch beschissenere Videos dazu drehen. Yo, immer Mensch bleiben!

Auf deiner Website steht der Titel “Kernkraftanlage und Bauschutt”. Wie bist Du auf diese Wortkombination gekommen?
Das war damals mein erstes Pseudonym bei MySpace. Ich fand meinen Namen Frank Hoehne irgendwie doch nicht reisserisch genug. Ich hatte das damals, in jüngeren Jahren, mit dieser extrem krassen Energie versucht zu erklären. Diese unglaubliche Power, die eine Kernkraftanlage ausstrahlt, steht dieser Pfeiffe gegenüber, die alles kaputt macht und nur Scheiße baut. Deshalb der Name “Kernkraftanlage und Bauschutt”.

Mit Schmerzen in der Bauchmuskelregion verlassen wir Frank Hoehne’s “Gute Laune Zentrale” und überlassen ihn wieder seiner kleinen Familie. Spenden für das Buchprojekt von Frank nehmen wir jederzeit dankend an und wer auch sonst Interesse an der Arbeit und der Person Frank Hoehne gefunden hat, kann sich eine Vielzahl an Arbeiten auf seiner Website Kernkraftanlage+Bauschutt anschauen.

Interview: Tim Seifert
Text: Deana Mrkaja
Fotos: Philipp Langenheim
Video: Marcus Werner

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