Julia Heuse - Friends of Friends / Freunde von Freunden (FvF)

Julia Heuse

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Julia Heuse ist die weibliche Hälfte des Labels JULIAANDBEN – lebendig, liebenswert, ein wenig durcheinander und wahrscheinlich genau deswegen so kreativ. Zusammen mit Benjamin Klunker hat Julia an der Berliner Modeschule ESMOD studiert, bevor beide 2007 ihr eigenes Label gründeten. Die Kollektionen: düster, etwas verwegen und dennoch elegant. Das kam auch bei der britischen VOGUE gut an, die Daria Werbowy für ein Editorial in eine der beliebten JULIAANDBEN Batik-Leggings steckte. Woher der morbide Charakter der JULIAANDBEN-Kollektionen stammt und ob sie selbst den Berliner Kleidungsstil gutheißt, verrät sie uns in einem Interview in zwei Akten: in ihrer 3-Zimmer Wohnung im Herzen von Prenzlauer Berg und im Atelier von JULIAANDBEN auf der Torstraße, beides so farbreduziert wie alles an und von Julia.

Warum wohnst du eigentlich genau hier, in Prenzlauer Berg?
Ich habe zuerst in Friedrichshain gewohnt, vor sechs Jahren. Das fand ich aber nicht so toll. Inzwischen ist es dort auch netter geworden. Und dann hab ich die Wohnung hier in Prenzlauer Berg mehr oder weniger zufällig bekommen, ohne Provision und die Miete ist ziemlich günstig. Außerdem wohnen alle meine Freunde in der Nähe, z.B. Mahret von fnart und Julia Späth, Illustratorin. Das Atelier in der Torstraße ist auch in nur 10 Minuten mit dem Fahrrad zu erreichen. Wenn ich nochmal innerhalb Berlins umziehen würde, dann wahrscheinlich nach Kreuzkölln ans Maybachufer.

Wenn du ausgehst, wohin verschlägt es dich dann?
Wenn ich nur mal in der Nähe etwas essen oder trinken möchte, gehe ich gerne an den Zionskirchplatz, z.B. ins “103” oder die “Weinerei”. Hin und wieder bin ich auch im “Crossroads” auf der Pappelallee, wo man sich ganz entspannt betrinken kann. Außerdem mag ich den „Farbfernseher“ in Kreuzberg sowie mode- und kunstbezogene Events.

Trifft man dich eigentlich jeden Tag im Atelier an?
Ich verbringe dort schon sechs Tage in der Woche. Wir hausieren in der Torstraße insgesamt auf zwei Stockwerken. Unten der Laden und im 2. Stock das neue Atelier, weil das untere gerade vollgepackt ist. Einer von uns ist dann meistens mit dem Laptop im Laden und beantwortet E-Mails oder organisiert etwas. Der andere ist solange im Atelier.

Ihr wohnt ja nun schon etwas länger in Berlin und macht hier Mode. Meinst du denn, eure Kollektionen sähen anders aus, wenn ihr in einer anderen Stadt leben und entwerfen würdet?
Ich glaube, der Einfluss geht vielmehr von dem Haus aus, in dem wir arbeiten. Wir sind dort in einer permanenten Umbruchssituation. Das Haus verkörpert wirklich den Eindruck eines besetzten Hauses in Prenzlauer Berg in den schlimmsten Zeiten kurz nach der Wende. Es beherbergt aber auch eine topsanierte 170 qm-Wohnung. Die unterschiedlichen Verfallssstadien sind einfach einmalig. In dem heruntergekommenen Innenhof kann man viel Schmutz machen. Man kann dort sprühen, malen, färben – ganz wie wir wollen. Und in einer uralten Badewanne rosten wir unsere Stoffe oder besprühen sie.

Vor allem das Rostmuster macht ja eure neueste Kollektion aus. Die Inspiration ging also auch von besagtem Haus aus?
Ja, das Gefärbte und Wieder-Überfärbte des Hauses hat auf jeden Fall die Kollektion geprägt – in den Farben, den Oberflächen und der Bearbeitung. Wenn wir ein wunderbares, weißes Neubau-Atelier hätten, würden wir bestimmt andere Sachen entwerfen.

Gibt es besonders nachgefragte Stücke?
Die Batiksachen laufen sehr gut, aber auch der Männer-Trenchcoat und die leicht drapierten Jerseyteile sowie unsere Männerhosen mit den gebogenen Beinen.

Wenn du dir hier in Mitte und Prenzlauer Berg den Kleidungsstil deiner Mitmenschen ansiehst, was ist dein fachmännisches Urteil?
Ich persönlich kann das 80er Jahre-Revival nicht mehr sehen. Auch die American Apparel Knallfarben sind für mich durch. Außerdem bin ich sehr dafür, dass erwachsene Menschen sich auch so anziehen. Eine Jogginghose geht wirklich nur Sonntagabend beim Tatort zuhause. Es sei denn, sie ist aus Schurwolle und hat einen verdammt guten Sitz. Dagegen mag ich Schwarz über alles, keine künstlichen Farben. Das sieht man auch hier in der Wohnung sehr gut. Was andere Designer angeht sind meine Favoriten deshalb Rick Owens, Haider Ackermann, Boris Bidjan Saberi, A.F. Vandefoorst und Celine.

Wo kaufst du entsprechend deine Kleidung in Berlin?
Ich kaufe ehrlich gesagt selten ein. Nur alle drei bis sechs Monate. Aber dann etwas Teures, z.B. eine Miu Miu Tasche oder eine Strickjacke von Junya Watanabe. Das meiste davon stammt allerdings von Reisen. In Berlin kaufe ich selten ein, weil ich dort den ganzen Tag mit Stoffen, Schnitten und Verarbeitung zu tun habe. Natürlich kenne ich The Corner und Apartment, bin aber selbst selten dort

Wer nun den Zusammenhang von Architektur und Mode in den Kollektionen selbst begutachten möchte, begibt sich bitte zur Torstraße 230 in den JULIAANDBEN-Store – am besten am kommenden Donnerstag, den 20. Mai 2010. Denn an diesem Abend launchen JULIAANDBEN eine limitierte T-Shirt Edition, für die sie aus sogenannten Must have-Gegenständen einen textilen Totempfahl konstruiert haben. Und zur ersten “Contemporary Totem Worship”, einer Präsentation mit Musik, einladen. Bilder des T-Shirts gibt es bei LYNN and HORST.

Interview und Text: Julia Stelzner
Fotos: Ailine Liefeld

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