Thomas Andrae - Friends of Friends / Freunde von Freunden (FvF)

Thomas Andrae

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Raus aus der schnelllebigen, derzeit wenig idyllischen Innenstadt, hin zu einem Platz voller Ruhe und Schönheit. Einem Stadtteil, wo man morgens noch beim Bäcker gegrüßt wird und ein gesunder Baumbestand das Straßenbild schmückt: Berlin-Grunewald.
So könnte man den kleinen Ausflug zum Haus von Thomas Andrae und seiner Familie kurz beschreiben.
Der Architekt der besagten Villa der Familie Andrae ist kein Unbekannter: Hermann Muthesius.
Als Verfechter des Jugendstils schuf Muthesius bis zu seinem Tod 69 Landhäuser, darunter auch das Landhaus im Berliner Stadtteil Grunewald, welches Thomas Andrae und seine Familie bewohnen.
Thomas Andrae, ein Mann der Kunst, Familienvater und Galerist. Zuvor berichteten wir schon über seine Galerie Cream Contemporary in Berlin-Mitte – nun durften wir in seine Privaträume blicken, die mehr als nur eine Schlafmöglichkeit bieten, und viel zu zeigen haben. Thomas Andrae kaufte das Landhaus und machte es sich bis heute zur Aufgabe, den ursprünglich von Muthesius intendierten Zustand wiederherzustellen.

Die Aussenfassade der Villa ist unschwer von alten Bildern zu erkennen – was sich innen verbirgt ist eindrucksvoll, fast schon museumsträchtig.
Jedes Möbelstück, jedes Bild, der Boden, die Wandfarbe erzählt eine Geschichte und birgt eine Anekdote. Das Zusammenspiel von Moderne und alter Architektur durchlaufen die Villa und lassen einen mit offenem Mund da stehen. Ob es nun die Leidenschaft zur Kunstsammlung oder der einzigartige Stilmix des Hausherren ist, diese Villa beeindruckt und ist ein Kunstwerk in jeder Hinsicht.
Nach einem ausgiebigen Rundgang durften wir ihm einige Fragen stellen. Hin und weg von den Impressionen, richten sich diese auch vor allem auf die Restauration des Hauses nach den Originalplänen des Architekten, sowie der faszinierenden Sammlung von Kunst und Inneneinrichtung, die Thomas sich über die Jahre geschaffen hat.

Wie wurdest Du auf Villa Muthesius aufmerksam und warum hast Du gerade diese
ausgewählt?

Ich bin über einen befreundeten Makler dazu gekommen. Das Haus war in einem erbärmlichen Zustand und fast nichts war mehr im Originalzustand. Nachdem ich im Studium einen Text von Muthesius über das Haus las, verstand ich den Sinn der Architektur recht schnell und wollte dieses eine Haus unbedingt haben.


Wie bist Du zu den alten Plänen und den Details der Villa gekommen?

Die Bauzeichnungen gab es im Katasteramt in Berlin, Bücher über Muthesisus habe ich über Antiquariate und auch ebay gefunden.


Was habt Ihr bis heute an der Villa verändert?

Fast alles. Wir haben es auf seine ursprüngliche Nutzung als Einfamilienhaus zurückgeführt und entweder konsequent historisiert oder modernisiert.


Was würdest Du den Architekten Muthesius zu der Villa fragen, wenn er noch leben würde?

Ich würde ihn fragen, ob ihm das, was wir aus dem Haus gemacht haben, gefällt. Und natürlich einige sehr detaillierte Fragen zur Architektur des Hauses.


Welche Einrichtungsgegenstände liegen Dir besonders am Herzen?

Ich sammle Stühle, weil man mit keinem anderen Möbelstück in so direkte Interaktion tritt und es so viele schöne Exemplare gibt.

Welches sind Deine drei Lieblingssammlerstücke und warum gerade diese?
1. Ein Hocker des Gründers des Österreichischen Werkbundes, Josef Frank. Bespannt mit dicken farbigen Schnüren, hergestellt von Thonet um 1930. Komplett original und sehr selten. Er ist so gut, weil er sich ohne weiteres direkt neben einem alten Barcelona Hocker von van der Rohe, dieser ebenfalls mit wunderbarer Patina, behauptet – und den Frank Hocker keiner kennt.
2. Zwei Fetzen der Hitzeschutzfolie von Apollo 13 und Apollo 14. Im Rahmen, hinten mit einem Polaroid der Raumkapsel und einem Brief eines NASA Mitarbeiters. Weil es im Weltraum war und ich so gern in die Sterne sehe.
3. Ein altes Flugzeugmodell aus Metall aus den 50er Jahren, ein Geschenk des Herstellers an die schwedischen Militärbehörden – vor weinigen Monaten um 8 Uhr früh auf einem Berliner Flohmarkt für 18 Euro gekauft.


Woher kommt das besondere Interesse an Restauration?

Ich habe eine Metall- und elektrotechnische Ausbildung absolviert und bereits mit 16 Jahren alte (Bauhaus-)Lampen restauriert.


Was sind neben Berlin Deine Lieblingsstädte und warum?

London – wegen des Stils, den Menschen und der Stadt,
Mailand – wegen der so gut gekleideten Menschen und des kreativen Potenzials der Designbranche,
New York – weil ich die Stadt so gut kenne und mich dort zu Hause fühle,
Leipzig – wegen des sozialen Klimas und der netten Menschen,
Buenos Aires – wegen der Lebensfreude der Menschen dieser Stadt.

Was schätzt Du besonders an Berlin-Grunewald als Wohnbezirk?
Die Nähe zur Stadt und die Ruhe hier.

Was passiert mit Deiner Kunstsammlung in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Meine Frau und ich werden diese konsequent und mutig ausbauen.


Was dürfen wir als nächstes von Thomas Andrae erwarten?

Konsequenz, Engagement, Feinsinn und – Geschwindigkeit.

Mehr Information zu dem Schaffen von Thomas Andrae findet man auch in der unserer Reportage zu seiner Galerie Cream Contemporary. Ansonsten empfehlen wir an einem schönen Sonntag einen ausgiebigen Spaziergang durch die kleinen Straßen in Berlin-Grunewald. Und wer weiß, vielleicht treffen sie ja Thomas Andrae auf der Strasse und plaudern ein wenig über Kunst und Architektur, so wie wir das getan haben.

Interview: Pelén Boramir, Tim Seifert.
Fotografie: Ailine Liefeld.

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